Reise durch die Schweiz – Teil 4 Tessin

Blick vom Gotthardpass ins Tessin

Blick vom Gotthardpass ins Tessin

 
 

Schweiz statt Namibia: Wir haben von langer Hand geplant, im Oktober 2020 für drei Wochen nach Namibia zu reisen und auf Safari zu gehen. Doch statt Sonne und 30 °C erwarteten uns hierzulande eher Temperaturen zwischen 4 und 10 °C und Schnee. Statt in die Kalahari-Wüste und den Etosha-Nationalpark ging es ins Engadin, ins Drei-Seen-Land, ins Berner Oberland und ins Tessin. Und statt Elefanten, Giraffen und Löwen zu fotografieren, wanderten wir sehr viel und hatten stattdessen Berge und Seen vor der Kameralinse.

Wenn ich ins Tessin reise, dann meistens mit dem Zug. Für einmal waren wir mit dem Auto unterwegs und da ich noch nie über den Gotthardpass gefahren bin (shame on me) entschieden wir uns für die gemütlichere Variante oben drüber. Leider machte uns das Wetter erneut einen Strich durch die Rechnung. Auf der Passhöhe herrschte stockdicker Nebel, so dass ich nicht wie geplant die alte Passstrasse fotografieren konnte, sondern erst beim Stopp etwas weiter unten ein Foto machen konnte.

 
 
Wunderbare Schweiz: Ausblick vom Gotthardpass

Wunderbare Schweiz: Ausblick vom Gotthardpass

 

Arosio

Da wir sehr früh in Brienz losfuhren und staufrei die Hürde «Gotthard» meisterten, fuhren wir direkt nach Arosio. Dieses Örtchen im Alto Malcantone liegt auf 859 m ü. M. Die Region ist geprägt durch malerische Dörfer, schmale Bergstrassen und herrliche Kastanienwälder. Genau das woltlen wir uns in Arosio ansehen! Die Ortschaft ist durch eine steile Zick-Zack-Strasse zu erreichen. Nach dem einen nicht ganz konformen Parkplatz entlang einer Strasse für unser kleines Auto gefunden und unsere Wanderschuhe erneut geschnürt hatten, machten wir uns auf den umworbenen Kastanienrundweg.

Kastanienwald

Kastanienwald

Der Weg verläuft durch herrliche Esskastanien-Wälder, Birkenwälder und führt uns vorbei an Bächen und Wiesen. Die Region Alto Malcantone ist geprägt von einer sanften Hügellandschaft und hübschen Dörfern. Bereits beim ersten Kastanien sehen wir Sammlerinnen und Sammler, welche auf Kastanienjagd sind. Ausgerüstet sind sie allesamt mit einem hippen Stoffbeutel für ihre wertvolle Beute und mit einem Stecklein, um sich nicht an der igeligen Hülle zu pieksen. Das Schauspiel ist herrlich! Während fast der ganzen Wanderung erblicken wir unter den Kastanienbäumen fleissige Sammler. Meine bessere Hälfte amüsiert sich und ich fühle mich in meine Kindheit zurückversetzt, in der ich ebenfalls Kastanien sammelte.

 
Prachtswetter

Prachtswetter

 
 

Nach etwa drei Stunden erreichen wir das Ziel unserer Rundwanderung. Wir genossen eine herrliche, stetig auf und ab verlaufende Wanderung entlang der Kastanienbäume. Teilweise begegneten wir vielen Leuten, aber das war vor allem an den Stellen, wo es Kastanien zu sammeln gab. Etwa nach zwei Dritteln der Wanderung waren wir weit und breit die einzigen.

 

Intragna bis Loco

Für einmal machten wir uns heute – Ticino Ticket sei Dank – mit dem Postauto auf den Weg. Unser Ziel war die Postautohaltestelle Intragna Ponte. Zwischen dem Centovalli und dem Onsernonetal verläuft angeblich einer der schönsten ehemaligen Maultierpfade des Kantons. Der Pfad, der auch «Via delle Vose» genannt wird, verbindet die Dörfer Intragna und Loco. Der Säumerpfad wurde vermutlich bereits vor dem 16. Jahrhundert gebaut. Er war für die Einwohner des Onsernonetals die einzige Gelegenheit, ihre Ware auf den Märkten in Ascona und Locarno anzupreisen.

Wir entscheiden uns für die etwas anstrengendere Tour, die von Intragna nach Loco führt und zu Beginn und am Ende zwei ziemlich steile Aufstiege bietet. An diesem Tag herrscht herrliches Wetter und so kommen wir beim Aufstieg ziemlich ins Schwitzen. Bereits bei den ersten Schritten bin ich erstaunt, wie hier wohl Maultiere den Weg bewältigten.

Ausblick auf das Dorf Intragna

Ausblick auf das Dorf Intragna

Der Weg bietet unglaublich viel Abwechslung. Wir treffen kleine Dörfer mit historischer Bebauung, Kapellen, Schluchten, Brücken und herrliche Aussichtspunkte an. Der Weg führt uns zuerst durch die engen Gassen Intragnas. Dann beginnt der alte Maultierpfad, der erst einmal steil ansteigt. Nach etwa 30 Minuten erreichen wir einen Aussichtspunkt, der eine fantastische Aussicht auf die Kirche San Gottardo in Intragna mit ihrem 65 Meter hohen Glockenturm bietet. Das Wort Intragna heisst leitet sich ab vom lateinischen Ausdruck «intra amnes» und heisst übersetzt «zwischen den Flüssen» (Isorno und Melezza). Das Rauschen des Flusses Isorno begleitet uns auch auf der Wanderung, den wir überqueren. Im Verlauf der Wanderung steigen wir abwärts zum idyllischen Uferrand und überqueren dort eine Brücke. Die historische Konstruktion wurde durch ein Unwetter zerstört, sodass sie durch einen Neubau ersetzt wurde. Von der Brücke aus geniesst man einen herrlichen Blick nach unten in die Schlucht.

 
Blick von oben in die Schlucht

Blick von oben in die Schlucht

 
 

Vom Fluss führt der Weg wieder steil bergauf in Richtung Loco. Gesäumt ist der Pfad von mehreren Kapellen, die dem Reisenden früher Schutz bieten sollten. Nach 10 Minuten erreichen wir den Ort Niva. Früher hatte dieser Ort für den Rebenanbau eine sehr wichtige Bedeutung. Wir entscheiden uns, die 10 Minuten Zusatzschlaufe auf uns zu nehmen uns uns dieses historische Erinnerungsgut anzusehen. Zu entdecken gibt es uralte Wiesen-Terrassen, auf denen früher Reben angepflanzt wurden. In den vergangenen Jahren hat der Weinanbau in der Region einen Wiederaufschwung erlebt.

 
 
altes Weinanbau-Dörfchen Niva

altes Weinanbau-Dörfchen Niva

 

Der kleine Umweg hatte sich definitiv gelohnt. Nun galt es noch den letzten Aufstieg in Angriff zu nehmen. Nach ca. 30 Minuten erreichen wir Loco. Relativ planlos sehen wir uns umher und schlendern dann zur Postautohaltestelle, die sich gleich oben an der Strasse befindet . Dort warten bereits vier Wanderer. Ich zücke mein Smartphone und checke, wann der nächste Bus fährt. Hmm, vor 2 Minuten hätte er fahren sollen, er hat aber etwas Verspätung. Und schon kommt er um die Ecke gefahren. Also heisst es, schnell Maske aufsetzen und einsteigen. Als ich nochmals genauer in der App nachschaue, realisiere ich, dass wir gerade sehr viel Glück hatten, dass wir dieses Postauto dank der zweiminütigen Verspätung noch erwischten. Das nächste wäre erst drei Stunden später gefahren. Und so nehmen wir für den Rückweg nach Locarno wieder dem Postauto, das sich in eindrücklicher Weise durch die engen Strassen schlängelt – immer begleitet vom legendären Postauto-Tüü-Taa-Too.

Blick ins Centovalli-Tal

Blick ins Centovalli-Tal


Alpe Salei – Laghetto del Salei

Die heutige ca. 45-minütige Autofahrt führte uns auf einer schmalen Bergpoststrasse nach Zott im Valle Vergeletto zur Talstation der Seilbahnstation der Alpe di Salei. Begrüsst wurden wir von drei herzigen Kälbern, die freudig auf dem Parkplatz umherrannten. Wir waren praktisch die einzigen, die an diesem eher nebligen Tag unser Auto dort abstellten. Entsprechend hatten wir die Vierergondel für uns alleine. Nach etwa 7 Minuten erreichten wir die Alpe Salei auf einer Höhe von 1’783 m ü. M.

Blick zur Capanna Alpe Salei

Blick zur Capanna Alpe Salei

Von der Bergstation der Funivia Alpe Salei ging es zuerst über Weiden, bevor wir den Anstieg zum Lago di Salei unter die Füsse nahmen. Auf unserer Navigationsapp wird uns vor dem Laghetto di Salei noch ein weiterer kleiner See angezeigt, sodass wir den kleinen Umweg zu diesem auch noch machen. Doch aktuell ist es kein wirklicher See mehr, sondern eher ein Moor. Nach etwa 30 Minuten erreichten wir dann den Laghetto di Salei, der sich etwas im Nebel versteckte. Aufgrund des Nebels blieb uns leider auch das Panorama ins Onsernonetal verwehrt.

Unser Weg führte vorbei am See weiter aufwärts, bis wir an eine Weggabelung kamen, bei der man auch in Richtung Capanna Alpe Arena abbiegen könnte. Für heute vereinbarten wir jedoch die Umrundung des Munzelüm und so machten wir an dieser Stelle ein paar Fotos von der eindrücklichen Umgebung. Die Natur präsentiert sich trotz bedecktem Wetter in schönem Herbstkleid: Gelbe Wiesen und Nadelbäume sowie Felsen und Berge prägen das Landschaftsbild.

 
Abstieg und Weg zur Capanna Alpe Arena

Abstieg und Weg zur Capanna Alpe Arena

 
 
im Nebel versteckt sich der Motto dei Ciapitt

im Nebel versteckt sich der Motto dei Ciapitt

 

Nun befinden wir uns auf etwas mehr als 2’000 m ü. M. und haben somit den höchsten Punkt unserer Wanderung erreicht. Bis hierhin haben wir etwa 250 Höhenmeter zurückgelegt. Nun führt uns der steinige Pfad am Fusse des Munzelüms entlang abwärts. Der Munzelüm ist ein 2’060 m hoher, vorgelagerter Gipfel des Kamms, der vom Pilone bis zum Pizzo Zucchero reicht. Der Weg ist sehr angenehm und gut zu bewältigen. Wir folgen dem Weg durch Nadelbäume bis zur Alpe Pesced. Von dort aus geht es weiter im stetigen leichten Auf und Ab bis zu einer Brücke, mithilfe Welcher wir den Fluss Ri d’in Erlöngh überqueren. An einer steilen Treppe absolvieren wir die letzten Höhenmeter, um wieder auf die Höhe der Capanna Alpe Salei zu gelangen.

 
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Da die Seilbahn an unserem Besuchstag zwischen 12.00 und 14.00 Uhr nicht fährt, hat es bei unserem Eintreffen kurz vor 14.00 Uhr eine kleine Warteschlange bei der Bergstation des Funivia Alpe Salei. und so reihen wir uns in die Kolonne ein und warten, bis auch wir wieder mit einer der beiden Vierergondeln zurück nach Zott fahren können.


Monte Generoso

Da wir im Engadin und in Brienz wenig Wetterglück hatten mit den Berggipfeln und weil ich im Tessin noch nie auf einem der grösseren Berge war, unternahmen wir am 20. Oktober 2020 eine Wanderung auf dem Monte Generoso. Der Zug, den wir planten zu nehmen, war leider bereits voll bei unserem – zugegebenermassen zeitlich etwas knappen – Eintreffen. Doch 30 Minuten später fuhr eine Zusatzkomposition, in der wir uns Platz fanden. Ich war zwar noch nie auf diesem Berg, doch mit dem Monte Generoso verbinde ich sehr schöne Kindheitserinnerungen. Früher, wenn mein Opa «Papu» einkaufen ging, kaufte er häufig einen blau verpackten, dreieckigen Generoso-Kuchen, den er in der Papiertüte jeweils zuoberst einpackte. Wenn er dann zu uns kam und wir in die Tüte schauten, entdeckten wir ihn jeweils und freuten uns. Einen Haken hatte das Ganze aber: Papu war der einzige, der den Kuchen wirklich gern hatte, wir rümpften jeweils etwas die Nase. Er entschied sich dann eines Tages, andere Guetzli zu kaufen.

Ausblick vom Monte Generoso

Ausblick vom Monte Generoso

Die Zahnradbahn zum Monte Generoso startet in Capolago am Luganersee. Im Gegensatz zur Fahrt aufs Brienzer Rothorn genossen wir während der 9 km langen Fahrt durch die zauberhafte Berglandschaft eine tolle Aussicht. Nach etwa 40 Minuten Fahrt erreichten wir den Berggipfel auf 1’704 m ü. M. Der Rundumblick auf den Luganersee und die umliegenden schweizerischen und italienischen Bergen war unbezahlbar. Bevor wir die dreistündige Wanderung starteten. gingen wir auf die oberste Aussichtsplattform, um ein paar Fotos zu machen.

Blick ins Tal und auf den Lago di Lugano

Blick ins Tal und auf den Lago di Lugano

Unsere Wanderung führte uns vom Gipfel zuerst ein kleines Stück zurück in diejenige Richtung, von der gekommen waren. Dann nahmen wir die Abzweigung, um den Weg am Fusse der Berge Baraghetto und Cima della Piancaccia entlang abwärts zu wandern. Wir wanderten über Steinbrocken, Wiesen, Felder, durch Wälder und über Weiden, auf denen offensichtlich und auch hörbar Pferde die Sommermonate verbringen. Wir wanderten knapp 1.75 Stunden abwärts bis zum Fluss Breggia.

Blick hinauf zum Monte Generoso (im Hintergrund rechts)

Blick hinauf zum Monte Generoso (im Hintergrund rechts)

Dort machten wir eine kurze Pause, bevor wir eine Kehrtwende machten und einen Weg zurück in Angriff nahmen. Vor uns hatten wir 480 Höhenmeter, die sich auf 3 Aufstiege mit jeweils einem Flachstücken dazwischen aufteilten. Unterwegs kamen wir vorbei an verlotterten Steinhütten, Jagdsitzen, der Alpe Pesció di mezzo, der Grotta dell Orso und sogar ein Reh sahen wir. Es hatte wohl Vertrauen in uns und blieb ganz ruhig an seinem Standort stehen, sodass wir dem Weg, der in einem Halbkreis rundherum führte, folgen konnten. Nach rund 1.25 Stunden Aufstieg erreichten wir unser Ziel: den Gipfel des Monte Generoso. Wir hatten Glück und die Abfahrt der nächsten Bahn war in 10 Minuten. Müde, nassgeschwitzt, aber glücklich und mit vielen Eindrücken traten wir die Rückreise ins Hotel in Locarno an.

 
eindrückliche Aussicht

eindrückliche Aussicht

 
 

Erst als ich im Hotel die Tour auf der Wander-App anguckte, wurde mir bewusst, dass wir uns bis auf den Start und das Ziel auf dem Monte Generoso auf italienischem Gebiet befanden.


Valle Verzasca und Magadinoebene

Der letzte Tag unserer Ferien kam schneller als uns lieb war. Wir freute uns aber auch, wieder nach Hause zurückzukehren. Wir entschieden uns für einen ruhigeren Nachmittag mit Wellness. Vormittags wollte ich aber unbedingt auch einmal noch die bekannte Römerbrücke (Ponte dei Salti) bei Lavertezzo sehen. Wir standen früh auf, um noch vor den Touristen und Tauchern, wie wir dann später gesehen haben, dort zu sein und ein paar Fotos machen zu können.

die bekannte Römerbrücke «Ponte de Salti» bei Lavertezzo

die bekannte Römerbrücke «Ponte de Salti» bei Lavertezzo

Die Römerbrücke fürht bei Laverzetto im Verzascatal über den Fluss Verzasca. Es ist eine Steinbrücke mit zwei Bögen, welche bereits im Mittelalter gebaut wurde. 1960 wurde die Brücke neu aufgebaut, nachdem sie 1868 durch die Fluten teilweise zerstört wurde. In Sichtdistanz befindet sich eine Kapelle aus dem 18. Jahrhundert. Im Sommer lockt die Verzasca viele Badefreudige und Tauchbegeisterte an. Der wunderschöne Fluss mit seinem kristallklaren und smaragdgrünen Wasser birgt aber auch Gefahren.

 
Blick zur Kapelle

Blick zur Kapelle

 
 

Neben der Farbe des Flusses beeindruckten mich auch die Formen und Strukturen der Gesteinsbrocken. Die Texturen der Gesteine muten für mich fast wie Gemälde an. Die verschiedenen Linien, Wellen und natürlich Farben faszinieren mich.

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Nach dem Abstecher ins Verzascatal und dem anschliessenden Frühstück fuhren wir nach Gambarogno und stellten dort unser Auto ab. Das nächste Ziel war die Magadinoebene. Das Gebiet dehnt sich vom nördlichen Ende des Lagomaggiore über knapp 15 Kilometer bis nach Bellinzona aus. Entstanden ist die Magadinoebene durch Sedimente, welche der Fluss Ticino hier ablagerte. In den Jahren 1888 bis 1912 wurde der Fluss zu einem Kanal begradigt. Vorher war die Gegend unzugängliches Sumpfland, heute wird sie – mit Ausnahme des direkten Mündungsbereiches des Flusses Ticino – intensiv durch die Landwirtschaft genutzt. Es handelt sich um eine der wichtigsten landwirtschaftlichen Zonen des Tessins. So wird unter anderem Reis angebaut und im unteren Teil befindet sich der Flugplatz Locarno. Im Mündungsbereich befindet sich ein geschütztes Auengebiet, das ein wertvolles Biotop für seltene Tier- und Pflanzenarten bietet. So leben beispielsweise Teichrohrsänger, Wiedehopf und Kauz hier.

 
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Sogar eine Wasserschildkröte konnten wir entlang des Weges entdecken.

 

Das ganze Naherholungsgebiet flach und bietet mehrere Wege zum Spazieren. Auch wir machten bei unserem Besuch einen Rundgang durch das Gebiet. Für einmal hatte ich nebst dem Weitwinkelobjektiv auch das Makroobjektiv in der Tasche.

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Reise durch die Schweiz – Teil 3 Berner Oberland